Interview Wolfgang Stübner

Einsatzstelle: Bildhauer Wolfgang Stübner in Wilkendorf

Name des Anleiters: Wolfgang Stübner

Aufgabenbereiche: Kunst, Workshops

Was bedeutet es für Sie mit Menschen mit Beeinträchtigung zu arbeiten?

Ich finde, jeder Mensch hat seine Macke. Aber jeder ist auch in der Lage, sich zu verändern und etwas fremdes neu zu erlernen. Geht nicht, gibt es nicht. Geht schwer, gibt es. Aber das ist ja ganz normal.

Am Anfang war Gabriele schüchtern und gehemmt und hatte Angst vor bestimmten Werkzeugen. Aber als sie spürte, dass ich ein umgänglicher Mensch bin und sie Vertrauen zu mir haben kann, haben wir gemeinsam einen Weg hindurch gefunden. Ich habe ihr gezeigt, dass ich auch Vertrauen in sie und ihre Fähigkeiten habe. Und dass ihr niemand den Kopf abreißt, wenn mal etwas schiefgeht. Und so ist Gabi hier mit ihren Aufgaben gewachsen.

Sie hat zum Beispiel für das Midria-MitarbeiterInnen-Seminar die große Kette zugesägt. Jetzt fährt sie Auto und macht den Gabelstaplerschein. Das sind alles große Schritte. Sie kann richtig stolz auf sich sein!

Was bedeutet es für Ihre Einrichtung?

Gabriele ist wirklich eine willkommene, vollwertige Unterstützung für mich. Eine nicht wegzudenkende Arbeitskraft, bei der man eigentlich keine Behinderung mehr merkt.

Sie übernimmt viele wichtige Aufgaben, wie zum Beispiel das Schleifen, Imprägnieren und die Lasur bei Arbeiten im Atelier – was ich sonst alleine machen müsste. Und wenn wir Workshops geben, kann sie alles vollständig erklären und helfen.

Wenn eine Kollegin so zuverlässig ist und ein solches Zusammengehörigkeitsgefühl entstanden ist, machen wir auch ganz viel möglich. Zum Beispiel im März mitten in der Corona-Krise, als Gabi mit ihrem Angst-Problem ungern mit der S-Bahn fahren wollte. Um die ganze Strecke mit dem Fahrrad zu fahren, war noch zu schlechtes Wetter. Da haben wir gesagt: Dann bleibst du eben hier. Und so hat sie eine Zeitlang hier gewohnt, um nicht hin und her fahren zu müssen.

Was empfinden Sie als bereichernd, was als herausfordernd?

Es ist toll und eine wichtige Grundlage für mich, dass wir so gut miteinander auskommen. Gabriele hat ein hohes Verantwortungsgefühl und ist immer pünktlich und ordentlich. Und es macht Spaß mit ihr zu arbeiten. Das Verständnis füreinander ist mit den Jahren gewachsen.

Aber am Anfang war es eine große Herausforderung, Gabi die Scheu zu nehmen und die Basis für ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten zu schaffen.

Und auch heute ärgere ich mich noch manchmal und schreie sie richtig an. Aber ich habe sie so schon über viele große Klippen geschoben. Und das weiß sie. Und schreit mittlerweile auch schon mal mich an.

Bei manchen Dingen muss ich einsehen, dass es besser ist, wenn ich sie selber mache statt Gabi dazu zu zwingen. – Zum Beispiel bei Arbeiten auf einem sehr hohen Gerüst. Aber das ist dann auch nicht schlimm. Es ist ja wichtig, den Bogen nicht zu überspannen. Und immer schön langsam vorzugehen.

Welche Rolle spielt Midria in der Begleitung von Ihrer Beschäftigten?

Ich kam zu Midria wie die Jungfrau zum Kind. Der Verein suchte Partner und Bernd Krannich sprach mich an. Und ich war offen, es zu probieren. Gabriele und ich und Midria haben Glück gehabt, dass wir es so gut gepackt haben. Was für eine schöne runde Sache dadurch entstanden ist!

Ich finde, dass die Midria-Mitarbeiter und auch die Stephanus Werkstätten einen tollen Job machen.

Und es ist toll, dass sie für Zusatzlehrgänge wie Gabis Kettensägenschein sorgen und etwas zu den Arbeitsklamotten dazugeben.

Welche Vorstellungen oder Wünsche haben Sie im Hinblick auf die Inklusion oder an Midria?

Midria kommt seiner Betreuungspflicht in vorbildlicher Weise nach. Die Mitarbeiter sollen einfach so weitermachen!